Der ProzessStandard Offsetdruck (PSO) hat den unbestrittenen Vorteil, dass alle an einer Drucksache beteiligten Parteien vom Auftraggeber oder Markenartikler über Fotografen und Agenturen bis zur Druckvorstufe und den Druck dieselbe Sprache sprechen. Alle Prozesse laufen kontrolliert ab und sind reproduzierbar.
Seinen Ursprung hat der PSO in der Standardisierung-Bewegung des Offsetdrucks, die in den I970er-Jahren mit Handbüchern zur Vereinheitlichung des Offsetdruckverfahrens begann. Nötig wurde eine Standardisierung, weil der Offsetdruck in den i97oer-Jahren noch ein «junges Verfahren» war, bei dem es so viele Stellschrauben gab, dass das Drucken - um es beim Namen zu nennen - ein einziges Gefummel war. Auch die Tatsache, dass die Daten (sprich Offsetfilme) meist nicht am selben Ort erzeugt wurden, an dem auch gedruckt wurde (eben meist in Reproduktionsbetrieben), machten eine einheitliche Vorgehensweise unabdingbar. Denn auch die Plattenkopie ab Film hatte noch etliche Stolpersteine zu bieten.
Der PSO selbst ist von der Fogra zusammen mit dem Bundesverband Druck und Medien erarbeitet worden und diente als Grundlage für die internationale Normserie ISO 12647, die 1996 veröffentlicht wurde. Beschrieben wird darin eine standardisierte Vorgehensweise, um die Qualität von Druck-Erzeugnissen von der Datenaufbereitung bis zum fertigen Druck sicherzustellen. Der endgültige Durchbruch für den PSO kam einmal mit dem digitalen Prüfdruck (Proof), dem weiter fortgeschrittenen Farbmanagement, das auch einen Monitor-Softproof erlaubte, und vor allem mit der Einführung von Computer-to-Plate (CtP) ab 1993. Mit CtP entfiel zwar die fehleranfällige Druckformenherstellung, CtP erforderte seinerseits aber wiederum neue Vorgaben.
PSO als Referenz für qualitätsorientierten Druck
Heute ermöglicht der PSO idealerweise, dass sich innerhalb eines engen Korridors immer und überall das gewünschte Farbergebnis erzielen lässt. Das heisst auch, dass es bei einem Wechsel von einer Druckerei zu einer anderen, die mit unterschiedlichen CtP-Systemen, Druckplatten, Druckmaschinen und Farben sowie möglicherweise mit einem anderen, aber vergleichbaren Papier arbeitet, keine nennenswerten Unterschiede geben sollte, die ausserhalb der definierten Toleranzen des Standards liegen. Es gibt leider keine genaue Zahl darüber, wie viele Druckereien weltweit oder in Deutschland nach dem ProzessStandard Offset (PSO) zertifiziert sind. Vor sieben Jahren waren in Deutschland jedoch etwa 250 Druckereien offiziell von der Fogra zertifiziert, dazu kommen noch etliche Schweizer Betriebe, die von der Ugra nach swissPSO beurkundet sind, eine Adaption des Standards, bei dem der Weg zum Ziel geringfügig anders definiert ist, das Ziel jedoch exakt erreicht. Zwar ist der PSO als Referenz für qualitätsorientierte Druckproduktionen anerkannt, eine Zertifizierung ist jedoch nicht verpflichtend.
So nutzen auch viele Druckereien den Standard als Richtlinie, ohne ihn offiziell zertifizieren zu lassen, was natürlich versteckte Schwachstellen mit sich bringt. Es ist also davon auszugehen, dass international eine beträchtliche Zahl an Druckereien den PSO als Grundlage für ihre Arbeit verwendet, ohne dass dies immer durch eine formelle Zertifizierung nachgewiesen wird. Wobei das Arbeiten ohne eine Zertifizierung durchaus am falschen Ende gespart sein kann, denn der niedrige vierstellige Betrag für eine Zertifizierung macht sich durch ein Plus an Sicherheit alleine durch die Qualitätssicherung allemal bezahlt.
PSO als Massstab für den PSD
So hat der PSO einen Massstab gesetzt, an dem sich alle am Druckprodukt beteiligten Parteien orientieren können. Es lässt sich praktisch unbesehen davon ausgehen, dass PSO-zertifizierte Druckereien das gleiche Ergebnis einer Drucksache erzielen - besonders relevant bei gesplitteter Produktion. Inzwischen hat sich aber auch die Qualität digital produzierter Drucksachen so weit dem Offsetdruck genähert, dass sie selbst von fachkundigen Personen nur schwer vom Offsetdruck zu unterscheiden sind.
Eine von Kunden akzeptierte farbliche Übereinstimmung zwischen Digital- und Offsetdruck lässt sich mithilfe moderner Farbmanagementlösungen sowie Prozessanpassungen erreichen. Folglich ist der Digitaldruck in einigen Bereichen der Branche eine echte Alternative zum Offset geworden oder es werden beide Verfahren nebeneinander eingesetzt und ergänzen sich. Da wäre es doch wünschenswert, wenn es einen Standard wie den PSO auch für den digitalen Druck gäbe.
So hat sich die Fogra, vom Erfolg des PSO beflügelt, 2011 den Begriff ProzessStandard Digitaldruck (PSD) schützen lassen.
Der ProzessStandard Digitaldruck (PSD) ist ein von der Fogra definierter Standard für den Digitaldruck, der darauf zielt, sowohl im Klein- als auch im Grossformat (Latge Format Printing) eine vorhersagbare Druckqualität im Digitaldruck zu gewährleisten. Der PSD soll also ein Werkzeug für mehr Prozesssicherheit und Qualität im Digitaldruck sein und basiert auf der Idee, dass die Vielfalt der Materialien und Prozesse im Digitaldruck beherrschbar gemacht werden können, um eine konsistente Druckqualität zu erzielen. Er umfasst daher Empfehlungen, Handlungsanweisungen sowie Zielwerte und Toleranzen für die industrielle Digitaldruckproduktion.
PSD: Der Unterschied zum PSO
Doch je intensiver man sich mit der Thematik beschäftigt, desto mehr kommen Zweifel am Gelingen des Vorhabens auf. Denn im Digitaldruck ist eine auf die Technologie zugeschnittene Standardisierung wie im Offsetdruck mit PSO und ISO 12647-2 kaum möglich. Während es beim PSO um den einen Offsetdruck geht, macht die Definition Digitaldruck an sich schon Mühe. Denn beinahe alles, was nicht den konventionellen Drucktechnologien wie Offset-, Tief- und Flexodruck entspricht, wird Digitaldruck genannt. Dabei kann es sich beispielsweise um einen Einzelblatt-Drucker mit Toner handeln, um eine HP-lndigo mit pastöser Electro-Ink, ein Inkjet-Bogensystem oder einen Highspeed-Rollendrucker mit Inkjet. Wir haben es schon hier mit vier unterschiedlichen Verfahrenstechniken zu tun, zu denen sich noch der Grossformatdruck mit seinen Large Format Printern gesellt. Wir sprechen also von jeweils völlig unterschiedlichen Technologien. Dabei hat jeder Hersteller ausserdem seine ganz eigene <Pigment-Rezeptur> sowohl beim Toner als auch bei den Tinten. Und von Standard kann spätestens dann keine Rede mehr sein, wenn auch noch die Systeme mit UV-Farben oder Landa mit seiner Nano-Ink dazugerechnet werden sollen. Ganz abgesehen von den unübersichtlich vielen Substraten und Trägermaterialien wie Folien, rigide Bedruckstoffe und so weiter. Mit Rasterdefinitionen und Tonwertzunahmen wie im Prozess-Standard Offset kommt man im Digitaldruck also nicht besonders weit.
Daher wurde für den Digitaldruck eine neue, eigenständige und mehrteilige /SO-Norm-Familie geschaffen: Die IS015311 legt nun die Anforderungen an die Druckqualität im Digitaldruck fest.
Die ISO/TS15311-1 (TS steht für technische Spezifikation, die 1 hinter dem Bindestrich für den ersten Teil) beschreibt zunächst Begriffe, Parameter und Messmethoden, die konkret für den Digitaldruck anwendbar sind. Er definiert verschiedene Parameter zur Bewertung der Druckqualität, wie Farbtreue, Genauigkeit, Gleichmässigkeit und Auflösung.
Die ISO/TS 15311-2 nennt die Anforderungen an kommerzielle und industrielle Produktionen und enthält spezifische Vorgaben für verschiedene Anwendungen im Rahmen des digitalen Drucks.
Das Dokument definiert jedoch keine Zielwerte und Toleranzen für die Prozesskontrolle, da die verschiedenen digitalen Druckverfahren und Maschinen sowie die Vielfalt an Materialien wie Bedruckstoffe, Tinten und Toner die Komplexität enorm steigern würden. Im standardisierten Digitaldruck wird vielmehr der Ansatz verfolgt, eine Qualitätsanforderung zwischen Auftraggeber und Druckdienstleister zu vereinbaren.
Immer nur Kombinationen zertifizierbar
Wer im Offsetdruck die Parameter Papier, Tonwertzunahme, Rasterung und Druckfarbe kennt, kann daraus das spätere Ergebnis mit ziemlicher Präzision ableiten.
Das ist beim Digitaldruckverfahrensbedingt nicht möglich. Dabei ist über alles betrachtet das Duett Toner oder Tinte und Druckmaschine im Digitaldruck so dominant und vernetzt, dass immer nur einzelne Kombinationen zertifiziert werden können. Das heisst, dass es immer nur eine Zertifizierung für beispielsweise die entsprechenden Bogen-Tonermaschinen von Canon, von Fujifilm, Konica Minolta, Ricoh oder Xerox geben kann. Auch für die Xei/eon-Maschinen, die einzigen Toner-Rollendruckmaschinen, die Digitaldrucker von HP Indigo, die unterschiedlichen B2-Bogenmaschinen mit Inkjet oder die Highspeed-Inkjet-Rollenmaschinen müssten jeweils eigene Standards definiert werden und auch für die grossformatigen Maschinen von Landa.
Inwieweit Maschinen-Familien mit einem identischen Standard auskommen, müsste ebenfalls noch überprüft werden. Dabei war bisher noch gar nicht die Rede davon, wie es sich beim Einsatz von Tonern und Tinten mit erweitertem Farbraum verhält. Die Fogra hat mit den Standardisierungs-Bemühungen im Digitaldruck dennoch einen praxisnahen Qualitätsrahmen geschaffen, der reproduzierbar, farbverbindlich und messbar sein soll. So wird den Druckern und ihren Kunden eine Leitlinie an die Hand gegeben, die farbmanagementbasiert ist und mit deren Umsetzung Druck-Ergebnisse im Digitaldruck reproduzierbar und erwartbar gleich sein können.
Vorstoss aus der Schweiz
Die Ugra in der Schweiz geht jetzt einen weiteren Schritt in Richtung zu mehr Vereinheitlichung. Zusammen mit der Graphax AG, dem Vertriebspartner von Konica Minolta in der Schweiz, sollen nun Referenzdruckbogen für den Digitaldruck hergestellt werden.
Dazu kommt die Visual Print Reference-Testform für den Digitaldruck, kurz VPR digital, zum Einsatz. Die VPR ist als Testform in der Schweiz etabliert und wird als Referenz für die Druckbedingungen nach swissPSO beziehungsweise IS012647-2:2013 (und seinen früheren Varianten) seit vielen Jahren erfolgreich eingesetzt. Die VPR digital ergänzt das bestehende Zertifizierungssystem swissPSD der Ugra, das auf den technischen Spezifikationen der speziell für den Digitaldruck geschaffenen ISO/TS 15311-x basiert.
In der Normenreihe ISO/TS 15311 sind die verschiedenen Anforderungen an den digitalen Produktionsdruck und das Grossformat (Large Format Printing) in zwei voneinander abweichenden technischen Spezifikationen definiert und veröffentlicht worden. Sie wurde unter der Federführung der Fogra vorangetrieben und international zur gültigen technischen Spezifikation weiterentwickelt.
Aufgrund der Heterogenität der Digitaldrucktechnologien ist es allerdings nicht möglich, einen allgemein gültigen Referenzdruck für den Digitaldruck herzustellen, wie dies im Offsetdruck schon seit Jahren mit etablierten Testformen wie der Altona Test Suite etc. in Deutschland oder mit der Visual Print Reference (VPR) der Fall ist. Die jetzt entstehenden VPR digital Referenzdrucke stehen also immer für eine spezifische Drucksystembedingung, das heisst für eine Kombination aus Digitaldruckmaschine, Bedruckstoff, Farbsystem (Toner oder Tinte etc.) und nicht zuletzt der jeweiligen Farbmanagement-Umsetzung.
Das Daten- und Farbmanagement auf Basis des eingesetzten PDF/X-Workflows erhält dabei eine besondere Bedeutung. Da der Digitaldruck gegenüber dem Vierfarb-Offsetdruck auch einen grösseren Farbraum ermöglicht, wurde die Visual Print Reference (VPR) mit vier neuen Bildern ergänzt, die einen grösseren Farbumfang bieten.
Die Farbumfänge dieser Bilder lassen sich nur im Digitaldruck beziehungsweise im Siebenfarbendruck CMYK plus OGV (Orange, Grün und Violett) ohne Einschränkung reproduzieren.
Um es aber noch einmal ein bisschen komplizierter zu machen: Im Zusammenhang mit dem swissPSD bietet die VPR digital PDF/X-Referenzdatensätze für die kontinuierliche Qualitätskontrolle, dient als Druckmuster gemäss Referenzdruckbedingungen mit Konformitätserklärung ugraCert Validation und enthält die Ugra Light Indicator Card D50 zur Indikation korrekter Abmusterungslichtbedingungen.
Vergleichbarkeit ist das Ziel
Um eine gewisse Vergleichbarkeit zu erreichen, stellt die Graphax AG nun als Pilot in ihrem Showroom in Spreitenbach bei Zürich Referenzdrucke her, die von der Ugra vermessen und ausgewertet werden. Diese ugraCert validierten VPR digital-Referenzdrucke stellt die Graphax dann ihren Kunden als Kompetenz- und Leistungsnachweis bereit.
Auch anderen Digitaldruckmaschinen-Herstellern steht die VPR digital OEM von der Ugra als Dienstleistungspaket zur Verfügung. Es besteht aus Druckbogen für die Referenzdruckbedingung des spezifischen Digitaldrucksystems (gedruckt durch Graphax) sowie einen Konformitätsbeleg für den Kunden.
Die Referenzdrucke helfen bei Überprüfungen unterschiedlicher Art und sind auch da immer hilfreich, wo es unterschiedliche Auffassungen gibt. «Man objektiviert die vielfältigen Diskussionen bei Problemen oder Reklamationen», stellt Ugra-Geschäftsführer Mathias Schunke fest. «Auch Maschinenübergaben können auf Basis der Referenzdrucke erfolgen. Später ist das möglicherweise auch für Occasions-Maschinen denkbar», erläutert Manuel Simmen, Head of Product Management Commercial Printing bei der Graphax AG. Auf diese Weise wird versucht, das jeweilige Optimum der Maschine zu erreichen. «Allerdings», betont Manuel Simmen, «geht es nicht darum, verschiedene Maschinen miteinander zu vergleichen.»
Es ist zwar kein von der Ugra ausgesprochenes Ziel, aber wenn von allen Digitaldruckmaschinen entsprechende Bogen vorlägen und sich alle in einer bestimmten Toleranz bewegen würden, liesse sich möglicherweise eine Aussage treffen, wie weit die eine oder andere Maschine vom Optimum entfernt ist. Bei dann möglichen Aussagen mit Prognose-Charakter käme man auch mit dem jetzigen ProzessStandard Digitaldruck dem PSO doch sehr viel näher.
Und da der Trend für Drucksachen on-Demand weiterhin wächst und zu immer kleineren Auflagen führt, die wirtschaftlich im Digitaldruck hergestellt werden müssen, gibt es auch für diese Drucke keine Kompromisse bezüglich Qualität. Denn die Kunden interessieren sich nicht für das Druckverfahren, sondern für das Endprodukt, das die Erwartungen in allen Belangen erfüllen soll.
«Die Reproduzierbarkeit von Drucksachen ist wohl das wichtigste Argument. Drucksachen und Kampagnen müssen einerseits wirtschaftlich hergestellt werden, andererseits aber auch bei kleinen Auflagen und Wiederholaufträgen möglichst gleich aussehen», ergänzt René Theiler, Präsident der Ugra. Auch bei hybriden Drucksachen, bei denen etwa ein Geschäftsbericht zweisprachig in Deutsch und Englisch im Offset gedruckt wird, soll die im Digitaldruck hergestellte italienische oder französische Version mit einer kleinen Auflage möglichst gleich aussehen.
